Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Definitiv ein Zukunftsthema

 

Heft 3/2009 Traumgezeiten

Von Johanna Beyer

 

Es lag etwas in der Luft, als vor zwanzig Jahren - inspiriert von der UNO-Frauendekade - der Ökumenische Rat der Kirchen die Dekade "Kirchen in Solidarität mit den Frauen" ausrief und die evangelischen Synoden in West (Bad Krozingen 1989) und Ost (Leipzig 1990) weitreichende Beschlüsse zur Frauen- und Gleichstellungsförderung fassten.

Zur Sichtung der Ergebnisse dieses Aufbruchs, zur Einschätzung der aktuellen Lage und zur Frage nach den Perspektiven hatten im Frühjahr das "Evangelische Zentrum Frauen und Männer" sowie das "Referat für Chancengerechtigkeit der EKD" zum Symposium nach Hannover eingeladen. Der Einladung folgten ca. 180 Frauen und Männer und Letztere machten nahezu ein Drittel aus. Das ist ein deutlich sichtbares Zeichen für eine Sensibilisierung in Geschlechterfragen. Die provokante Frage "Zukunftsprojekt oder Luxus?" wurde im Eröffnungsreferat von Landesbischöfin Käßmann beantwortet mit "Geschlechtergerechtigkeit ist definitiv ein Zukunftsthema. ... es muss mit dem Armutsthema und der Überwindung von Gewalt verbunden und als theologisches Thema auf der Tagesordnung bleiben". Deutlich sozialwissenschaftlich war der Zugang zur Frage der Bedeutung von Religion und Kirche für Männer unterschiedlicher Milieus im zweiten Vortag von Carsten Wippermann, der die Lage der Männer heute mit "vorwärts, rückwärts, seitwärts" charakterisierte.

Vision von einem anderen Kuchen

Höhepunkt des ersten Tages waren für viele die zwei Predigten im Gottesdienst in der Neustädter Hof- und Stadtkirche St. Johannis in Hannover, in der die gesamte Tagung stattfand. Bischöfin i. R. Bärbel Wartenberg-Potter als Zeitzeugin des Ringens um Chancengerechtigkeit insbesondere für Frauen in der Kirche machte deutlich, dass dieses Ringen noch anhält. Wir sind noch immer ge- bzw. befangen in der patriarchalen Sprache und Kultur. Die Vision von vor 20 Jahren "Nicht nur ein Stück vom Kuchen, sondern einen anderen Kuchen" trägt nach wie vor.

Die Predigt aus männlicher Perspektive von Prof. Dr. Gerhard Marcel Martin thematisierte die Abwehrmechanismen, z.B. Verleugnung, Idealisierung und Trivialisierung, die sich der Geschlechtergerechtigkeit entgegenstellen. Dabei beeinflusse eine Veränderung der Geschlechterbeziehungen auch die Gottesbeziehung, "wenn wir - Frauen und Männer - einander anders begegnen, werden wir Gott anders begegnen". Der Geschlechter- und Gleichstellungsfrage konkret und alltagpraktisch, kirchlich und in ökumenische Beziehung eingebunden, angesichts einer multikulturellen Gesellschaft und den Lebens- und Arbeitsbedingungen in einer postmodernen Gesellschaft widmeten sich vier parallele Foren am Samstagvormittag.

Gottesebenbildlichkeit von Frau und Mann

Zum Abschluss wurden die Ergebnisse in einem Zukunftsplenum zusammengetragen: Zielgruppenarbeit von und für Frauen sowie von und für Männer einerseits und Gleichstellungsarbeit als Arbeit für strukturelle Veränderungen andererseits, damit Frauen und Männer ihre Talente entfalten können. Die Vortragenden betonten, dass Gleichstellung eine theologische Fundierung habe in der Gottesebenbildlichkeit von Frau und Mann und dass dies im Wertediskurs der Kirchen immer wieder angesprochen werden müsse. Geschlechtergerechtigkeit sei ein Qualitätsmerkmal der Kirche und deshalb ist die Implementierung von Gender Mainstreaming als Leitprinzip im EKD-Reformprozess unverzichtbar.

Der Vortrag von Bischöfin Käßmann steht im Internet zur Verfügung: www.evlka.de/content.php?contentTypeID=2&id=10140