Eine Hochstaplerin aus England verursacht großes Durcheinander
Heft 4/2016 Mordsfrauen
Von Andrea Ertl
Rassig sieht sie aus, die Lola Montez: Ganz in schwarz gekleidet und mit Hochsteckfrisur mit Schleier und Blumen in spanischer Manier. Temperament und ein starkes Selbstbewusstsein strahlt sie im Gemälde von Josef Stieler in der Schönheitengalerie in Schloss Nymphenburg in München aus - ein Hauch von Femme fatale. Ein Mordsweib! Obwohl sie 1821 als Elizabeth Rosanna Gilbert in Grange/Irland geboren wird und die ersten Lebensjahre in Indien verbringt, ist ihr Lieblingsimage das der spanischen Tänzerin.
Sie gibt sich als "Maria de los Dolores Porrys y Montez" aus Sevilla aus. Dass sie dann und wann als Hochstaplerin entlarvt wird, macht ihr nichts aus. So ganz unbegabt scheint sie nicht: Ein paar Stunden in spanischem Tanz und der spanischen Sprache nimmt sie während ihrer Zeit in London. Ihren ersten Ehemann, den Offizier Thomas James, hatte sie schon 1839 verlassen. Ihre Liebhaber kommen und gehen: darunter Franz Liszt und Alexandre Dumas der Ältere und der Jüngere. Kein Wunder, dass ihr Ruf nicht der beste ist.
Spanische Tänzerin
Als sie im Herbst 1846 in München ankommt, möchte sie tanzen. Aber an der Münchner Hofbühne wird ihr das verweigert, was Lola nicht hindert ihren Willen durchzusetzen: Sie sucht den König auf und kann eine Woche später auftreten - als spanische Tänzerin versteht sich. Sie wird berühmt werden durch ihre Beziehung mit dem damals 60jährigen König Ludwig I. von Bayern, dem sie eine Wohnung, ein Palais, einen Adelstitel und eine Unterhaltszahlung aus dem Kreuz leiert.
Bis zum Ende des Verhältnisses erhält sie umgerechnet insgesamt 2,3 Millionen Euro, was ihr einen Lebensstandard gleich dem der "oberen Zehntausend" ermöglicht. Sie selbst ist 25 Jahre alt, als sie sich den alternden bayerischen König als Geliebten nimmt - eine Frühlings-Herbstbeziehung. Selbstbewusst schert sie sich wenig um weibliches Rollenverhalten, was den Münchnern nicht passt: Ein Weib, das Zigarre rauchend mit Dogge spazieren geht - das kann ja nur ehrenrührig sein. Das Kabinett protestiert und nimmt seinen Abschied, als Ludwig I für seine Liebhaberin die bayerische Staatsangehörigkeit beantragt.
Der König muss abdanken
Für Lola ist und bleibt die Selbstbestimmtheit ein wichtiger Aspekt ihrer Lebensgestaltung - daran ändert auch ihre königliche Beziehung nichts. Sie will eine Leibwache, die sie aus dem Senior und den Studenten des Corps "Palatia München" rekrutiert. Sie gibt ihnen den neuen Namen "Alemannia" und nimmt sich einen der Studenten als Geliebten. Studenten und Professoren der Münchner Universität ist das ein Gräuel - Lola wird tätlich angegriffen. König Ludwig schließt die Uni, verursacht damit noch größere Unruhen. Schließlich wird die schöne Lola am 11. März 1848 des Landes verwiesen und der König muss, nachdem das Gerücht umgeht, sie sei heimlich zurückgekehrt, schließlich abdanken.
Lola geht unter Druck in die Schweiz und lebt dort von Ludwigs Geld, kehrt aber 1849 nach England zurück, wo sie mit ihrer ersten Ehe konfrontiert wird. Der Vorwurf, Bigamistin zu sein, schert sie wenig. Sie bleibt in Sachen Liebe sich selbst treu und heiratet trotzdem einen jungen Offizier, den sie bald wieder verlässt. Wieder will sie tanzen: in Paris, in Belgien. Schließlich tritt sie 1852 am Broadway auf und tanzt sich selbst in "Lola Montez in Bavaria". Auch die letzte Ehe 1853 mit Patrick Hull ist nur von kurzer Dauer. Sie trennt sich und tourt ab 1855 durch Australien, eröffnet dort das Theater Royale in Castlemain mit ihrer Vorstellung.
1857 wieder in den USA zurück, beginnt sie Schönheits-Ratgeber zu schreiben und sichert sich damit ein Auskommen. Ihr Engagement gilt in den letzten Jahren den "Gefallene Mädchen", für die sie sich besonders einsetzt. Sie selbst wird bekennende Christin. Am 17.1.1861 stirbt sie mit nur 39 Jahren an einer Lungenentzündung und wird in Brooklyn begraben.