Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Eine kluge Frau: Ester

 

Heft 2/2015 Schöne Königin

Von Heidrun Hemme

 

Ester, Königin von Persien. Noch nie von ihr gehört? Sie war die Lieblingsfrau von Xerxes, sagt man. Und in dieser Rolle hat sie ihren Job richtig gut gemacht, nachzulesen im Ersten Testament in den 10 Kapiteln des Buches Ester.

Es beginnt wie ein Märchen: der König sucht eine Frau. Es soll die Schönste sein im ganzen Land. Darum werden alle jungen Frauen zur Schönheitskur eingeladen, ein Jahr lang! Auf Kosten des Königs! Da wurde investiert! Die Schönste sollte es sein!

Und die Schönste, die Anmutigste wurde es: Ester, Nichte und Adoptivtochter von Mordechai, aus dem jüdischen Volk. Die Juden in Persien - oder besser Babylon - waren eine Minderheit im Land. 70 Jahre zuvor hatten sie es verpasst, mit den anderen ins Exil Verschleppten die erlaubte Rückreise nach Israel anzutreten. Sie waren angesehen, damals. Jetzt hatte sich das geändert und Ester hielt es besser geheim, dass sie auch zu denen gehörte.

Es war einmal ...

Nun lebte sie im Palast des Königs Xerxes, hebräisch Achaschverosch. Eine von vielen Frauen war sie und wurde doch seine Lieblingsfrau. Denn so geht das Märchen weiter: Haman, oberster Minister des Königs hatte herausbekommen, dass Ester und ihr Oheim dem Volk der Juden angehören. So spielt er seine Macht aus und spinnt eine Intrige. Vom König lässt er sich ein Gesetz genehmigen, durch das die Juden im Land ausgerottet werden sollen. Ester erfährt davon und wird nun selbst aktiv. Die schöne und anmutige Frau aus dem Harem traut sich, ungefragt dem König nahe zu kommen. Normalerweise ein Todesurteil - aber etwas an ihr hat den Herrscher mit seinem Zepter zögern lassen, und so wendet er sich ihr zu.

Erst handelt sie mutig und nun klug: "Lass Dich einladen von mir! Komm in mein Haus und iss und trink mit mir, Du und Haman!" Der König nimmt die Einladung an, kommt am nächsten Tag mit seinem Minister zu ihr. Sein Gastgeschenk: "Erbitte von mir, was Du willst, bis zur Hälfte meines Königreiches will ich Dir geben!" Aber Ester ist klug. Weder klagt sie über die Situation der Juden im Land noch über den Minister noch nimmt sie den König beim Wort. Ihre einzige Bitte ist, dass er am nächsten Tag noch einmal bei ihr zu Gast sein möge! Und wieder nimmt der König an und wieder trägt er ihr sein halbes Königreich an. Jetzt erklärt Ester ihre Situation und bittet um das Leben ihres Volkes. Der König voller Ärger über die Machenschaften des Ministers verlässt den Raum, holt Luft im Garten - und sieht, als er ins Zimmer zurück kommt, Haman zu Füßen der Königin. Will der sich jetzt etwa an seiner Frau vergreifen?

Haman stirbt am Galgen, den er bereits für Mordechai vorgesehen hatte - der König gewährt alle Gunst seiner schönen Königin Ester und dem jüdischen Volk!

Und wenn sie nicht gestorben sind ...

Im Judentum gibt es das Purim-Fest - ein ähnlich lautes und fröhliches Fest wie Fasching oder Karneval und es geht auf die Erzählung im Buch Ester zurück. Viele kleine Jungs verkleiden sich als König Xerxes oder als Mordechai - und fast alle kleinen Mädchen möchten Königin Ester sein. Das ist verständlich, denn sie ist nicht nur schön und anmutig, sondern ist auch noch ein Vorbild in Klugheit und Mut. Aber was sie besonders heraushebt, ist die Entwicklung, die im Buch aufgezeigt wird. Zunächst ist sie nur ein ganz gewöhnliches schönes Mädchen, jung und fügsam. Aber unter den Bedingungen ihrer Lebensumstände entwickelt sie ein starkes Selbstbewusstsein und das Wissen um ihre Position, in der sie für ein ganzes Volk Verantwortung übernehmen kann und muss. Unausgesprochen bleibt der Name Gottes - und doch ist es der feste Glaube des jüdischen Volkes, in dem auch Ester lebt und handelt. Kein Wunder, dass sie für die Mädchen auch heute noch ein Vorbild ist, klug und schön und mutig und selbstbewusst!