Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Es muss kein Richterspruch sein

Heft 2/2014 friedvoll - friedlos

Von Juliane Brumberg

 

Mediation ist eine Möglichkeit, Konflikte außerhalb des Gerichts zu lösen. Wichtigste Voraussetzung dafür ist, dass beide Parteien freiwillig an der Mediation teilnehmen. Die Mediator_in ist dabei nicht die Schiedsrichterin, die eine Entscheidung fällt. Vielmehr ist sie eine Begleiterin, die den Konfliktparteien hilft, zu einer friedvollen Entscheidung zu kommen, mit der beide in Zukunft gut leben können. Der Berufsstand des Mediators oder der Mediatorin ist nicht geschützt, das bedeutet, dass jede_r, egal mit welcher Vorbildung, dieses Etikett auf das Haustürschild schreiben kann. Empfehlenswert ist es deshalb, bei der Suche nach Hilfe sorgfältig vorzugehen und sich nach der jeweiligen Mediationsausbildung zu erkundigen.

Mediation ist nicht nur bei privaten Streitigkeiten hilfreich, sondern auch bei Konflikten in der Wirtschaft, in Schulen oder im interkulturellen Bereich. Oft sind es Sozialpädagog_innen oder Jurist_innen, die sich zusätzlich zu ihrem Studium in Mediation qualifiziert haben. Eine von ihnen ist Rechtsanwältin Barbara Hammer-Gerlich aus Nürnberg. Ihre Qualifikation als Mediatorin hat sie an der Fern-Uni Hagen erworben und sie ist hauptsächlich im Bereich von Familien- und Nachbarschaftskonflikten tätig.

Entweder - Oder

Zu Beginn unseres Gesprächs erklärt sie, dass sie für eine Partei nie beides gleichzeitig sein kann: Rechtsanwältin und Mediatorin. "Als Rechtsanwältin, z.B. in einem Scheidungsverfahren, bin ich parteilich und muss versuchen, für meine Klienten das Optimale herauszuholen. Als Mediatorin wiederum muss eine Lösung gefunden werden, die für beide gut ist, da darf ich gerade nicht parteilich sein."

Und sie erklärt weiter: "Es gibt viele Bereiche, die man außergerichtlich regeln kann. Allerdings gibt es Formalien, die endgültig vor Gericht geklärt werden müssen. Nur das Gericht kann eine Scheidung aussprechen. Die Inhalte, also 'Was machen wir mit der Wohnung? Was wird aus den Kindern?' können die Beteiligten ohne Gericht regeln." Die Mediatorin kann auch den gemeinsamen Vertrag vorbereiten, der dann dem Gericht vorgelegt wird.

Sie fügt hinzu: "Mediation bietet sich immer dann an, wenn Menschen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und die Themen, die ihnen am Herzen liegen und über die sie sich in einem Streit befinden, selbst und nicht fremdbestimmt regeln möchten – und wenn sie bereit sind, mit ihrem Konfliktpartner (oder der Partnerin) in den Dialog zu gehen".

Wenn dann während der Mediation ein Rechtsproblem auftritt oder es zum Beispiel konkret um die Unterhaltsberechnung geht, empfiehlt sie ihren Klienten, sich jeweils eine Rechtsberatung zu suchen. "Umgekehrt kann es auch sein, dass ich einer Mandantin, die ich vor Gericht vertrete, bei bestimmten Problemen empfehle, sich mit der Gegenpartei gemeinsam einen Kollegen oder eine Kollegin zur Mediation zu suchen."

Es geht nicht nur um die Lösung

Allerdings wendet sie ein: "Es gibt Anwälte, die können jede Mediation kaputt machen." Mit einem juristischen Streit, der wohlmöglich noch durch mehrere Instanzen ausgefochten wird, lässt sich mehr Geld verdienen als mit Mediation. Doch Barbara Hammer-Gerlich ist überzeugt von dem Instrument der Mediation. "Die Erfahrung zeigt, dass Entscheidungen, die zwei Menschen gemeinsam treffen, viel nachhaltiger sind."

Zunehmend beschränkt sie sich auch nicht auf den rein lösungsorientierten Ansatz: "Mediation hat nicht nur die Lösung im Fokus, sondern eine Veränderung des Kommunikationsproblems. Manche Klienten sind so auf ihr Ziel fokussiert, dass sie nicht mehr zuhören können. Dann versuche ich erst mal zu klären, warum sie eigentlich dieses oder jenes Ziel haben und bitte sie dann, auch wirklich zuzuhören, was das Gegenüber für Wünsche und Interessen hat. Wenn wir weg aus dem destruktiven Kommunikationsprozess kommen, kann es Versöhnung geben, auch Versöhnung mit sich selbst, weil man sich gegenseitig gehört hat." Bei einer Lösung vor Gericht hingegen wird die Lösung von außen vorgegeben und der innere Frieden bleibt außen vor.

Konflikte um pflegebedürftige Angehörige

Müssen die Teilnehmenden eine grundsätzlich friedliche Haltung mitbringen, wenn Mediation gelingen soll? "Nein, sie befinden sich ja im Konflikt. Sie kommen, weil sie sich streiten und allein keine Lösung finden. Sie sind nicht friedlicher, sondern sie haben andere Erwartungen, wie sie den Streit behandeln wollen." Es gibt auch Situationen, für die sich Mediation nicht anbietet. "Mediation basiert auf Verlässlichkeit. Wenn zum Beispiel ein Klient oder eine Klientin alkohol- oder drogensüchtig ist und Vereinbarungen hinterher wieder in Frage stellt, kommen wir mit Mediation nicht weiter.

Ein anderes Problem ist Stalking: Ich kann nicht zulassen, dass jemand Mediation nutzen will, um den Kontakt zu halten oder das Verfahren in die Länge zu ziehen. Und dann natürlich Gewalt; da muss erst das Gewaltproblem gelöst werden, bevor Mediation möglich ist. Generell ist Mediation auch schwierig, wenn eine Person einen ausgeprägten Machtvorsprung hat, zum Beispiel intellektueller oder finanzieller Art, den sie ausnutzen will".

Gute Möglichkeiten, mit Mediation zu Klärungen beizutragen, sieht Barbara Hammer-Gerlich hingegen bei Nachbarschaftskonflikten oder Problemen in der Familie: "Wenn Geschwister sich nicht einig sind, ob die pflegebedürftigen Eltern besser in einem Heim oder zu Hause versorgt werden sollen oder wenn sie in eine kleinere Wohnung ziehen und es um die Auflösung des Haushalts geht, kann Mediation zur Klärung beitragen und eine Kommunikation die die wahren Wünsche und Bedürfnisse ans Tageslicht bringt, ermöglichen."