Essen für die Tonne
Heft 3/2014 Retterin, Freundin, Konkurrentin
Von Tiziana Beyer
Jede deutsche Konsumentin und jeder deutsche Konsument wirft im Jahr fast 82 Kilogramm Lebensmittel in den Müll. Über 50 Kilogramm davon wären vermeidbar und ein Haushalt könnte so pro Jahr rund 230 Euro einsparen.
Wie es soweit kommen konnte
Nach den Hungerzeiten in Folge des zweiten Weltkriegs kam in den 1950er Jahren der Trend zum Überfluss und zum Wegwerfen aus Amerika auch nach Deutschland. Fastfood Restaurants und erste Selbstbedienungsläden verleiteten die Kund_Innen zunehmend, Dinge, die sie eigentlich nicht brauchten, zu kaufen. Durch immer professionellere Werbung wurden Bedürfnisse geweckt und das Kaufverhalten veränderte sich rasant. 1958 kam das erste Fertiggericht auf den Markt: Ravioli mit Tomatensoße in der Dose - noch heute ein Verkaufsschlager. 1962 folgte ein neues Supermarktprinzip - der Discounter Aldi war geboren. Der Trend ging zu Fertiggerichten und Tiefkühlware. Doch nicht nur die Einkaufsmöglichkeiten und die Lebensumstände haben sich verändert, auch Vielfalt explodierte. Innerhalb von zehn Jahren stieg das Angebot von Waren um 130 Prozent, die Produktvariation sogar um über 400 Prozent. Auch unser Essverhalten hat sich gewandelt. Durch zunehmende Single-Haushalte wird seit etwa 20 Jahren zunehmend alleine, unterwegs und nebenbei gegessen. Schon eingekaufte Lebensmittel bleiben so oft unverarbeitet und landen direkt im Abfall.
Dieser Umgang mit Lebensmitteln sorgt jedoch nicht nur für große Mengen Müll, er ist auch schädlich für das Klima. Für die Erzeugung von einem Kilo Rindfleisch - Zubereitung und Lagerung des Fleisches noch nicht inbegriffen - fallen genau so viele Emissionen an, wie für eine 70-Kilometer-Auto-Spritztour. Alles, was verspeist wird, braucht Energie: Die Bearbeitung des Ackers, das Aussäen, Düngen, Ernten, die Verarbeitung und der Transport zur Verbraucherin bis hin zum Müll. Pro Jahr produzieren die Deutschen dadurch rund 15 Prozent (1,5 bis 2 Tonnen CO2) ihrer Emissionen.
Was können die Einzelnen tun?
Durch Umstellung der Ernährung kann die Pro-Kopf Emission erheblich verringert werden. Ein Vegetarier, der Waren aus der Region kauft, verbraucht im Durchschnitt lediglich 0,3 Tonnen CO2, jemand der täglich Fleisch isst, rund 3 Tonnen. Für die, die etwas ändern möchten, gibt es eine einfache Faustregel namens 'RRR': reduce, redistribute, recycle (Reduzieren, Umverteilen, Wiederaufbereiten).
Außerdem verwechseln viele Verbraucher_Innen das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) mit dem Verbrauchsdatum. Das MHD besagt, dass ein Lebensmittel mindestens bis zu dem genannten Datum haltbar ist. In der Praxis liegt die Haltbarkeit jedoch meist mehrere Wochen darüber. Wenn das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist, genügt ein einfacher Test, um unnötiger Verschwendung vorzubeugen: Schauen, Riechen, Schmecken. Das Verbrauchsdatum auf verderblicher Ware wie frischem Fleisch und Fisch hingegen ist sehr ernst zu nehmen. Diese Produkte können nach der Ablaufzeit die Gesundheit gefährden.
Außerdem können Reste weiterverarbeitet oder wenigstens als Viehfutter verwendet werden. Damit würde sich auch der Nahrungskreislauf wieder schließen. Derzeit dürfen weggeworfene Lebensmittel wegen der Gefahr von Krankheitserregern nicht für die Viehfütterung verwertet werden, es sei denn, die Speisereste werden durch eine Erhitzung auf 100 Grad Celsius haltbar gemacht.
Tiziana Beyer M.A. arbeitet derzeit als freie Journalistin und besucht das Österreichische Journalisten-Kolleg.
Zum Weiterlesen
Wer der Umwelt mit der richtigen Ernährung etwas Gutes tun möchte, findet weitere Informationen in dem Buch 'Umweltschutz mit Messer und Gabel. Der ökologische Rucksack der Ernährung in Deutschland' von Toni Meier, erschienen 2014 im oekom Verlag, für 24,95 Euro.
"Die Essensvernichter" von Kreutzberger Stefan und Thurn Valentin, bpb 2013
Online-Lesetip: www.essenswert-bayern.de