Flüchtlingsfrauen und die UN
Von Tiziana Beyer
Weltweit gibt es nach den Flüchtlingszahlen von 2013 über 50 Millionen Flüchtlinge, Asylsuchende und Binnenvertriebene. Das erste Mal seit dem zweiten Weltkrieg wurde wieder diese erschreckend hohe Zahl erreicht. Neun von zehn Flüchtlingen stammen aus einem armen Land. Alleine vergangenes Jahr suchten 612 700 Frauen und Männer in Nordamerika, Europa, Ostasien und der Pazifikregion um Asyl an. Ausgelöst wurde dieser Ansturm hauptsächlich durch die Krise in Syrien. Die meisten Anträge werden in Europa gestellt - Deutschland führt hierbei mit 109.600 die Liste an. Zu den häufigsten Fluchtgründen zählen Krieg und politische Unterdrückung. Für Frauen und Mädchen, welche laut UN mindestens die Hälfte aller Flüchtlinge ausmachen, gibt es noch eine Reihe geschlechterspezifischer Gründe, die sie zur Flucht bewegt. Beispiele dafür sind Genitalverstümmelung, Zwangsverheiratung, Ehrenmord und Vergewaltigung. In vielen Fällen findet geschlechtsspezifische Verfolgung im Privaten statt und geht vom unmittelbaren Umfeld der Frauen, beispielsweise der Familie, aus.
Die Rolle der Vereinten Nationen
Am 31. Oktober 2000 wurde die UN-Resolution 1325 einstimmig vom UN-Sicherheitsrat verabschiedet. Erstmals wird darin aufgerufen, die Rechte von Frauen zu schützen und diese gleichberechtigt in Friedensverhandlungen, Konfliktschlichtung sowie den Wiederaufbau mit einzubeziehen. Die Resolution fordert außerdem, diejenigen zu verfolgen , die Kriegsverbrechen an Frauen begehen, Frauen und Mädchen in Kriegsgebieten besonders zu schützen und mehr Frauen bei friedensschaffenden Missionen einzubeziehen. 2010 setzte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon mit Margot Wallström erstmals eine Sonderbeauftragte für sexuelle Gewalt in Konflikten ein. 2012 übernahm die sierraleonische Politikerin Zainab Hawa Bangura das Amt. In einem Interview mit dem UN News Centre beschrieb sie ihre Aufgabe der Sonderbeauftragten als jene, den Opfern eine Stimme und somit mehr Macht zu geben. 2013 wurde die Resolution 2106 verabschiedet, die vierte Resolution, die sexuelle Gewalt und deren Bekämpfung in Konflikten oberste Priorität einräumt.
Die Rolle der Frauen
Anfang dieses Jahres wurde der UNHCR-Bericht 'Woman Alone - the Fight for Survival by Syrian Refugee Women' veröffentlicht. Die Gespräche mit 135 Flüchtlingsfrauen zeigten, dass Frauen bei der Flucht die Führung der Familie übernehmen, meist im Alleingang um das Überleben ihrer Familie kämpfen müssen, die Kinder versorgen und wegen der ständigen Bedrohung durch Gewalt und Ausbeutung nur schwer ihre Würde bewahren können. Viele Frauen fliehen aus den gleichen Gründen wie Männer und sowohl Männer als auch Frauen leiden unter ihrer Flucht. Frauen erleben jedoch zusätzlich noch andere Formen der Gewalt und emotionalen Belastungen. Seit 2005 wird in Deutschland frauenspezifische Verfolgung, wie etwa 'Ehrenmord', als Fluchtgrund anerkannt und sehr oft fliehen Frauen eben nicht nur auf vor Bedrohung oder Diskriminierung, sondern, auf Grund von geschlechtsspezifischen Ursachen wie sexueller Gewalt, Diskriminierung oder Erniedrigung. Ist daher nicht eine weiblichere Flüchtlingspolitik notwendig, die die Belange der Frauen anders greifen kann? Bedarf es nicht mehr Frauen wie UN-Sonderbeauftragte Bangura, die als Ansprechpartnerinnen und als Sprachrohr für die Betroffenen dienen?
Die UN forderte 2011, dass bis 2014 mindestens 30 Prozent Frauen in Führungspositionen sein sollten, bis 2020 mindestens 40 Prozent. Seit Einführung des Amtes der Hohen Flüchtlingskommissare der UN 1950 gab es zehn solcher Kommissare - lediglich eine davon war eine Frau, die Japanerin Sadako Ogata. Und seit Bestehen der UN 1945 gab es 8 Generalsekretäre - keiner davon war weiblich.
Tiziana Beyer aus Salzburg arbeitet freiberuflich als Journalistin.