Frauen brauchen Hebammen
Heft 1/2016 Lobet die Eine
Von Heidrun Hemme
Mit 18 500 Mitgiedern ist der Deutsche Hebammenverband die größte Interessensvertretung von Hebammen in Deutschland. 1985 waren 300 Hebammen dem Aufruf der freien Hebamme Rosina Neumann gefolgt und gründeten den ersten modernen Hebammenverband in Berlin. Schon vor 130 Jahren war der Hebammenverband eine Solidargemeinschaft und ist es auch heute noch. Neben angestellten und freiberuflichen Hebammen sind auch Hebammenschülerinnen, Lehrerinnen und Wissenschaftlerinnen in den 16 Landesverbänden organisiert.
"Unser Streben endet nicht mit unserem Leben, es kommt den nach uns Lebenden zu Gute. Wir werden noch oft die Geringschätzung der Mitlebenden erdulden müssen, aber wir freuen uns in dem Gedanken, dass wir den zukünftigen Hebammen die Wege ebnen, um eine Stellung einzunehmen, wie sie der hohen Verantwortung unseres Berufes entspricht." Diese Worte von Olga Gebauer, Vorsitzende des Hebammenverbandes von 1885 - 1920, sind heute noch aktuell: Bedingt durch übermäßiges Vertrauen in die medizinische Technik erfahren Hebammen eine Geringschätzung durch Nicht-Wahrnehmung und einen kritisch-zweifelnden Blick auf diesen fast reinen Frauenberuf, denn in diesem Beruf nehmen emotionale und soziale Aspekte eine wesentliche Rolle ein - neben dem medizinischen Wissen.
Hebammenverband startet Kampagne
Am 12. Oktober 2015 hat der Verband eine Kampagne gestartet, durch die die problematische Situation der Hebammen bekannter gemacht werden soll. Aufgrund ständig steigender Beiträge zur Berufshaftplichtversicherung ist die wirtschaftliche Existenz insbesondere der freiberuflichen Hebammen bedroht. Darum geben viele Hebammen ihre Berufstätigkeit auf, die flächendeckende Betreuung bei der Geburtshilfe durch eine Hebamme ist bereits nicht mehr gewährleistet. Das bedeutet, dass Frauen keine Wahlfreiheit mehr haben bezüglich des Ortes und der Umstände einer Geburt. Sie sind darauf angewiesen, das nächstgelegene Krankenhaus mit Geburtshilfestation zu nutzen. Aber auch für die Wochenbett- und Vorsorge-Betreuung stehen nicht mehr überall Hebammen zur Verfügung.
Was notwendig ist
Auf die Frage, was für den Deutschen Hebammenverband im Moment das wichtigste Anliegen ist, schreibt Maren Borgerding aus der Pressestelle des Verbandes:
Wir wünschen uns, dass überall in Deutschland schwangere Frauen und junge Familien flächendeckend mit Hebammenhilfe versorgt werden können. Dafür muss der Wert der Hebammenarbeit wieder stärker gewürdigt und die natürliche Geburt mehr in den Fokus gerückt werden. In den Kliniken bedeutet dies, dass während der Geburten nicht mehr drei oder mehr Frauen parallel betreut werden müssen, weil sich ansonsten die Geburtshilfe nicht rechnet. Um die Haftpflichtprämiensteigerungen für freiberuflich tätige Hebammen endlich zu stoppen, brauchen wir eine langfristige Lösung, zum Beispiel mit einem Haftpflichtfonds.
Das Gebären ist eine ureigene Kompetenz von Frauen. Es ist notwendig, dass sie während der Geburt eine kompetente, professionelle und kontinuierliche Unterstützung bekommen, damit sie sicher und selbstbestimmt gebären können. Das ist Konsens unter allen Beteiligten. Qualität wird erreicht durch Zeit und Engagement des Personals - und das kostet Geld, welches durch die Verwendung von technischen Hilfsmitteln eingespart werden soll. Aber Technik allein kann nicht ersetzen, was eine Hebamme durch Zuwendung, Mut machende Worte und vor allem ihre Fachkompetenz nicht ersetzen: Frauen brauchen Hebammen - heute mehr denn je.
www.hebammenverband.de
www.unsere-hebammen.de
Hebammenhaftpflicht
Über 6200 Euro müssen freiberufliche Hebammen nur für ihre Berufshaftpflichtversicherung zahlen. Ohne diese dürfen sie nicht tätig werden.
Es gibt heute nicht mehr Geburtsschadensfälle als früher, aber die Folgekosten sind gestiegen. Dank der verbesserten medizinischen Möglichkeiten leben auch schwer behinderte Kinder inzwischen länger und damit steigen die Ausgaben für ihren Lebensunterhalt. Außerdem sind die Schadensersatzansprüche in die Höhe geschnellt.