Frauenbewusst und diplomatisch
Von Ines Rein-Brandenburg
Eine Dame - so charakterisieren Wegbegleiterinnen die Theologin und ehemalige bayerische Rundfunkrätin Christa Krüger, deren Weg vom Norden in den Süden und wieder zurück führte.
Bescheiden, liebenswürdig, zugewandt, gleichzeitig sehr distanziert - so beschreiben sie Menschen, die mit ihr zusammen gearbeitet haben. "Sie gab jedem das Gefühl, dass sie sich für ihr Gegenüber interessierte", heißt es. Die korrekte, zurückhaltende Dame setzte sich in verschiedensten Bereichen für die Belange der Frauen ein, immer leise und diplomatisch, aber zielstrebig. Sie wurde überall geachtet und geschätzt, ob in der bayerischen Frauenarbeit, dem Rundfunkrat oder der Landessynode.
Geboren wurde sie am 8. Juli 1926 in Dresden als erstes Kind des Oberstudiendirektors Dr. Erich Günther und dessen Gattin Ursula, geb. von Goeden. Sie ging in Dresden-Blasewitz zur Volks- und Mädchenoberschule. Die Zeitumstände führten dazu, dass sie, statt einen Schulabschluss zu machen, im Oktober 1944 in einem Rüstungsbetrieb eingesetzt wurde. Nach Kriegsende und der Zerstörung Dresdens zog sie mit den Eltern nach Goslar, wo sie im Frühjahr 1946 das Abitur nachholte.
Anschließend wurde sie bis 1948 am Seminar für kirchlichen Dienst des Deutsch-Evangelischen Frauenbundes in Hannover zur Gemeindehelferin ausgebildet. Als solche arbeitet sie ein halbes Jahr in Goslar in der St. Stephani-Kirchengemeinde. Doch als ihre Eltern starben, ging Christa nach Westberlin und machte an der "kirchlichen Hochschule" das Graecum.
Studium selbst finanziert
Ab 1952 studierte sie Theologie an der Georg-August-Universität Göttingen, bis sie im November 1962 ihre Abschlussprüfungen bestand. Zwischenzeitlich bestritt sie ihren Lebensunterhalt durch Tätigkeiten in der Industrie und der Universitätsbibliothek. Ostern 1963 begann sie, als Fachlehrerin für Religionsunterricht am Mädchen-Gymnasium in Göttingen zu unterrichten - aber nur für ein halbes Jahr.
Aus den Dokumenten des landeskirchlichen Archivs Hannover geht hervor, dass sie Ende November 1993 eine Zeitungsanzeige entdeckte, die sie zu ihrer nächsten Aufgabe führen sollte. Christa Krüger bewarb sich beim Industriepfarramt Hannover um die Stelle einer Referentin für den Arbeitsbereich "Frau in Betrieb und Beruf", weil sie einen "vielseitigeren Aufgabenbereich" als in der Schule suchte. Ihre Bewerbung hatte Erfolg und sie wurde als Sozialreferentin eingestellt. Ihre Tätigkeit dort endete zum 30. September 1968.
Unklar ist, was sie bewog, nach Bayern in das dortige Amt für Industrie- und Sozialarbeit (heute Kirchlicher Dienst in der Arbeitsweilt, KDA) zu wechseln. Auf jeden Fall übernahm sie bis Mitte 1971 die Außenstelle München. Dann gewann Lieselotte Nold sie für den Bayerischen Mütterdienst. Dort leitete sie den Fachbereich gemeindebezogene Frauenarbeit und Ökumene, der ebenfalls in München angesiedelt war, und übernahm später die Leitung des Mütterdienstes.
Kritische Hörfunkbeobachtung
Ab November 1973 bis 1984 gehörte sie der Bayerischen Landessynode an. Von 1980 bis 1990 war sie als Delegierte der Evangelischen Frauenarbeit in Bayern EFB im Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks vertreten. In dieser Funktion gehörte sie 1982 zu den Mitgründerinnen des Arbeitskreises Hörfunkbeobachtung. Von dort aus wurden den Redaktionen des Bayerischen Rundfunks kritische Rückmeldungen übermittelt, was zu jener Zeit noch ziemlich revolutionär war und Zündstoff barg. Galt der BR doch als rechts-konservativ, während sich die Rundfunkrätin eher im linken Spektrum der SPD ansiedelte. Themen wie "Hausputz mit Mozartmusik - ist Hörfunk ein frauenfreundliches Medium" oder "Manipulation statt Information? - neue Medien unter der Lupe" geben einen freundlich formulierten Einblick, was damals interessierte. Außerdem gründete Christa Krüger einen monatlichen politischen Frauenfrühschoppen mit frauenpolitisch-emanzipatorischen Themen bis hin zu feministischer Theologie. Engagiert war sie auch in der Friedensbewegung und beim Früchteboykott gegen die Apartheid in Südafrika. Für sie war das Private politisch. "Wenn Frauen nicht erwerbstätig sind, sind sie ausgeliefert", wird sie zitiert.
In Bayern heiratete sie den Künstler Klaus Krüger. Nach ihrem beruflichen Abschied zogen sie in dessen Heimat nach Bremen und engagierte sich dort ehrenamtlich im Kulturkreis der SPD. Sie starb am 12. Januar 2009.