Frauengleichstellung im Ruhestand
Von Ines Rein-Brandenburg
Es ist ein Einschnitt: Nach 24 Jahren als Gleichstellungsreferentin geht Johanna Beyer in den Ruhestand - und damit wird die Frauengleichstellungsstelle (fgs), hervorgegangen aus dem 1989 eingerichteten Arbeitsbereich Frauen in der Kirche AFK - nicht mehr bestehen. Eine Stelle, in der es Jahrzehnte lang um die "erstrittene und ausgehandelte Gleichwertigkeit, Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter" ging, wie es Johanna Beyer in der Chronik der fgs formuliert. Ursprünglich war die fgs mit vier Referentinnen (juristisch, theologisch, pädagogisch, soziologisch) auf 2,5 Stellen ausgelegt. Seit 2004 steht die promovierte Soziologin Beyer, die auch Lehr- und Studienerfahrung in Volkswirtschaftslehre, Pädagogik, Sozialpsychologie und Wirtschafts- und Sozialgeschichte mitbrachte, allein da. Es müsse wohl "eine riesige physische und psychische Dauerherausforderung, mitunter sogar eine Zumutung gewesen sein, die ganze Bandbreite der nach wie vor bestehenden Aufgaben und Erwartungen im Bereich der Gleichstellungsarbeit nur noch mit einem Vollzeitäquivalent abzusichern", so Hans-Peter Hübner, der stellvertretende Leiter des Landeskirchenamtes, in seiner Würdigung zu ihrer Verabschiedung.
12 Jahre als Einzelkämpferin für Veränderungen in Kirche und Gesellschaft zu streiten, Gleichstellungsarbeit zu leisten für die Beschäftigten der Landeskirche und die ehrenamtlichen Frauen gleichermaßen - das hieß, Projekte und Daueraufgaben umsetzen inklusive aller versteckter Mühen und öffentlichkeitswirksamer Glanzlichter. Es hieß: Bewusstsein fördern für sexualisierte Gewalt, ungerechte Sprache, diskriminierende Rechtsordnungen, frauenfeindliche Gewohnheiten im Tarnmantel der Tradition. Es hieß: Strukturen schaffen für das berufliche Fortkommen von Frauen, für Persönlichkeitsentwicklung und Hilfe für Gewaltopfer - im Detail nachzulesen in der Chronik und in den Jahresberichten der fgs.
Ungewisse Zukunft
Was kommt nach der fgs? Die bayerische Landeskirche plant eine grundlegende Änderung der Strukturen. Die erklärte Absicht lautet, nach den Sommerferien für die neue Stelle eine Ordnung als Aufgaben-, Pflichten- und Rechtebeschreibung zu beschließen, dann auszuschreiben und Angang 2017 zu besetzen. Es wird sich nach dem Beschluss der kirchenleitenden Gremien um eine "Stabsstelle für Chancengerechtigkeit" handeln, die dem Landesbischof zugeordnet und mit dem Theologischen Planungsreferat verzahnt sein soll. Was sich hinter diesem wohlklingenden Etikett verbirgt, ist noch wenig durchsichtig. Auf jeden Fall soll sie weiterhin Ansprechstelle für Opfer von Missbrauch in der Kirche sein sein und wohl auch Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt fortgeführt werden müssen. Betrachtet man die Entwicklung der Frauen- und Gleichstellungsreferate in der gesamten EKD, geht der Trend zu einer Vermischung und Ausweitung der Aufgaben und Zielgruppen: Sie sollen immer mehr die kirchliche Männerarbeit einbeziehen, extreme Minderheiten wie Homosexuelle und Transgender, Lebensformen, Generationengerechtigkeit, Integration nach ethnischer und sozialer Herkunft sowie Behinderter (Inklusion) mit in den Blick nehmen. Das Wort "Gerechtigkeit", biblisch wohl begründet, wird zur Verpackung für eine Vielzahl guter Absichten. "Chancengerechtigkeit ist ein Container, wo die Fantasien eine Heimat finden", meint Johanna Beyer mit einem Hauch von Sarkasmus. Die Ziele werden diffuser. Frauengleichstellung ist out. Gender ist auch nicht mehr zeitgemäß. Die bayerische Landeskirche passt sich dem Trend an.