Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Frauenpolitik muss lästig sein

Heft 2/2014 friedvoll - friedlos

Von Tiziana Beyer

 

Die österreichische Frauenpolitikerin Johanna Dohnal war nicht nur die erste Frauenministerin Österreichs, sie setzte sich seit jeher für frauenpolitische Themen und die Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft ein. Dohnal sagte: "Nur eine Frauenorganisation, die lästig ist, hat eine Existenzberechtigung." Und so war sie auch als Politikerin. Sie war stets lästig, mischte sich ein und blieb hartnäckig.

Johanna Dohnal, 1939 als Johanna Dietz geboren, wuchs bei ihrer Großmutter in ärmlichen Verhältnissen in Wien auf. Nach einer kaufmännischen Ausbildung - das Geld reichte nicht für eine höhere Schulbildung - arbeitete sie als Angestellte. Mit 18 Jahren heiratete sie Franz Dohnal, die Ehe hielt 19 Jahre. Aus finanziellen Gründen musste sie bereits sechs Wochen nach der Geburt ihres Sohnes wieder arbeiten. Auch nach der Geburt ihrer Tochter arbeitete Dohnal zu Hause, bis sie wieder eine feste Anstellung erhielt.

Aufstieg in die Politik

Seit ihrem Eintritt in die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) mit 17 Jahren kämpfte sie für die Verbesserung der Lebenssituation von Frauen. Ihre Politik steht für den Kampf um Gleichberechtigung von Frauen in der Gesellschaft, für den Kampf gegen Gewalt und für die Existenzsicherung von Frauen. Dohnal war es ein Anliegen, dass Frauen Beruf und Familie vereinbaren können und in der Arbeitswelt eine bessere Stellung erhalten. 1993 schaffte sie es, mit dem Gleichbehandlungsgesetz den Grundgedanken, 'gleicher Lohn für gleiche Arbeit' zu verankern.

Dohnal setzte sich für eine Elternkarenz ein, die es Eltern ermöglicht, sich die Karenzzeit aufzuteilen. Sie schuf Bewusstsein für die Notwendigkeit von flächendeckender Kinderbetreuung und forderte eine Frauenquote in Universitäten und Ministerien. 1978 wurde dank ihr das erste Frauenhaus in Österreich eröffnet. Sie erreichte außerdem, dass alle kommenden Frauenhäuser in Wien von der Stadt finanziert wurden, jedoch unabhängig blieben.

1979 wurde Johanna Dohnal unter der Regierung Bruno Kreiskys Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen. Während dieser Zeit verankerte sie die Chancengleichheit von Frauen im öffentlichen Dienst. Sie forderte eine geschlechterneutrale Stellenausschreibung und die aktive Weiterbildung und Beförderung von Frauen.

Ihr Ziel war auch Gleichberechtigung im Bereich der Bildung. Sie setzte durch, dass Mädchen geometrisches Zeichnen und Buben Hauswirtschaft als Schulfach erhielten.

Ihr ständiger Einsatz für die Förderung Mädchen- und Frauenbildung wurde von den SPÖ-Frauen mit dem Johanna Dohnal Förderpreis gewürdigt. Seit 2004 erhalten jeweils vier Studentinnen ein Stipendium für ein Studiensemester.

Sand im Getriebe

Trotz Ihres unermüdlichen Einsatzes für Frauenfragen erntete Dohnal viel Kritik und musste auf Druck der Regierung Franz Vranitzkys 1995 ihr Amt als Frauenministerin niederlegen. Auf die Frage nach dem Warum antwortete sie: "Ich war Sand im Getriebe".

Nach ihrem Rücktritt aus der Politik war sie weiterhin in Universitäten, Gewerkschaften und Frauenorganisationen für die Verbesserung der Situation von Frauen und die Gleichstellung in der Gesellschaft tätig und setzte sich für Asyl- und Flüchtlingsfragen ein.

Trotz ihrer zahlreichen Errungenschaften sah Dohnal selbst sich in manchen Fragen als zu gnädig: "Ich war viel zu wenig unbequem in manchen Sachen, hätte manchmal noch unbequemer sein sollen in bestimmten Fragen." Und sie wusste, dass die Ziele des Feminismus allen dienen: "Die Vision des Feminismus ist nicht eine 'weibliche Zukunft'. Es ist eine menschliche Zukunft. Ohne Rollenzwänge, ohne Macht- und Gewaltverhältnisse, ohne Männerbündelei und Weiblichkeitswahn."

Dohnal starb im Alter von 71 Jahren an ihrem langjährigen Herzleiden. Kurze Zeit vor ihren Tod ließ sie die seit 1981 bestehende Partnerschaft mit der SPÖ-Gemeinderätin Annemarie Aufreiter offiziell eintragen.

Tiziana Beyer hat gerade ihr Masterstudium Kommunikationswissenschaft abgeschlossen und arbeitet derzeit als freie Journalistin.

Zum Weiterlesen:

Johanna Dohnal, Ein politisches Lesebuch von Maria Mesner und Heidi Niederkofler (Hg.). Mandelbau Verlag Wien 2013, 294 S., 19,90 Euro.