Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Ich möchte aber nach Namibia...

 

Heft 3/2009 Traumgezeiten

Von Juliane Brumberg

 

Ein gut gemeintes Angebot an meine Mutter: "Hast Du Lust, in den Sommerferien mit uns in die Schweizer Berge zu fahren"? - "Naja, vielleicht, aber eigentlich möchte ich lieber nach Namibia".

Dort lebt nämlich seit 14 Jahren eine ehemalige Kollegin und jüngere Freundin meiner Mutter und bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Mann und einer anderen Familie in der Nähe von Windhuk eine große Farm nach biologisch-dynamischen Grundsätzen. Im Laufe der Jahre gründeten sie zunächst einen Kindergarten für die weißen und schwarzen Farmkinder, dann eine Waldorfschule in Windhuk, in der sich die multikulturelle Gesellschaft Namibias widerspiegelt und im Februar 2009 schließlich eine Landbauschule inklusive Internat, in der die Einheimischen in nachhaltiger Landwirtschaft ausgebildet werden. Seit Jahren träumt meine Mutter davon, dieses idealistische Projekt kennenzulernen, ihre Freundin Christiane vor Ort zu besuchen und natürlich in Afrika wilde Tiere und Elefanten zu beobachten.

Ein Traum wird wahr

Im Sommer 2008 ging's dann doch erst einmal in die Berge, aber im Februar 2009 war es so weit: Mit Enkel, Schwiegersohn und Tochter machte sich Ingrid Leverkus auf den 10-Stunden-Flug nach Windhuk. Zunächst gab es eine Rundreise mit dem Bus durch dieses weite, wunderschöne, von Wüstenlandschaften und der Sorge um Wasser geprägte Land, das viermal so groß ist wie die Bundesrepublik, aber nur 2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner hat. Ihren 83. Geburtstag feierte meine Mutter - das hatte sie vor kurzem nicht einmal zu träumen gewagt - mitten in Afrika mit einem Sonnenaufgangsspaziergang zu alten Felszeichnungen der Ureinwohner. Weiter ging die Reise in den Etosha-Nationalpark, wo sie aus dem Busfenster links und rechts Zebras, Strauße, Gnus, Antilopen, Schakale sowie unzählige Springböcke und Perlhühner aus nächster Nähe beobachten konnte. Nur die Elefanten hatten sich leider verzogen. "Aber die Giraffen waren toll und der große Löwe, der auf der Straße vor uns her trottete. Eindrucksvoll fand ich auch die vielen Tiere auf der Farm. Ich war erstaunt, wie hier Hühner, Pferde, Katzen und Hunde alle miteinander frei im Garten herumlaufen. Und dass das kranke Kälbchen auf der Terrasse vor Christianes Schlafzimmer Tag und Nacht mit der Flasche aufgepäppelt wurde."

Eurythmie zur Kräftigung

Krönender Abschluss und Erfüllung ihres Traums war für die Reisende aus Hamburg die Woche bei ihrer Freundin in einem der Gästehäuser auf der weitläufigen Farm Krumhuk. Christiane Ahlenstorf, heute 52 Jahre alt, ist ursprünglich ausgebildete Eurythmistin und gibt auch an der Waldorfschule in Windhuk Eurythmie-Unterricht. Eurythmie ist eine Bewegungskunst, die Sprache und Musik in Bewegung sichtbar macht und dazu beiträgt, die inneren Werte der Menschen zu entwickeln und zu kräftigen. Deshalb wird auch auf der Farm Krumhuk alle zwei Wochen Eurythmie mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - ja, auch die Männer sind mit Begeisterung dabei - gemacht und anschließend mit dem Krumhuk-Chor gesungen. Nach 14 Jahren in Namibia sagt Christiane: "Ganz viel von dem, was ich für die Welt für wichtig halte, findet hier auf Krumhuk statt und das ist sehr befriedigend. Ich kann Dinge bewegen, wie ich es mir in meinem früheren Leben in Deutschland nicht hätte erträumen können". Die 83jährige Ingrid Leverkus wiederum stellt dankbar fest: "Mein Traum war es, Einblick zu bekommen und teilzunehmen an einer so wunderbaren Entwicklung. Ich konnte erleben, wie die Art des Lebens hier, die harten Lebensumstände, einen Menschen verändern. An Christiane habe ich Seiten kennengelernt, die ich vorher gar nicht kannte, die alte Fröhlichkeit und Herzlichkeit jedoch sind geblieben. Aber nun freue ich mich auch wieder auf mein Leben in Hamburg und darauf, von den Erinnerungen an Namibia zu träumen".