Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Keine Liebe auf den ersten Blick oder wie ich Redakteurin wurde

 

Heft 3/2012 Vom Reifen

Von Dorothea Cunradi

 

Herbst 2009 - Heidrun fragt mich: "Hast du Lust für die efi zu schreiben?

Ich denke: Evi? Welche Evi? Kenne ich überhaupt eine Evi?

Heidrun: "Na, was ist damit?"

Ich sage: "Für die Evi also." Wieso soll ich eigentlich für eine Evi, die ich gar nicht kenne einen Artikel schreiben? Warum macht die das nicht selbst?

Also sage ich: "Hör mal, ich schreibe schon gerne was, aber nicht für die Evi!"

Heidrun schockiert: "Nicht für die efi? Wieso das denn?"

Ich nehme einen letzten Anlauf, hole tief Luft um all das zu sagen was jetzt meiner Meinung nach gesagt werden müsste, als Heidrun in ihre Tasche greift, ein Heft herauszieht und es vor mich auf den Tisch legt. "Schau doch wenigstens mal rein bevor du Nein sagst."

Ich überlege fieberhaft: O je, wie peinlich, da steht efi drauf und das ist anscheinend eine Zeitschrift. Hab ich noch nie gesehen oder gehört. Frauengleichstellungsstelle (fgs). Au weia! Aber warum efi? Heißt die Männerzeitschrift Adam oder was?

Ich versuche mich an einem Pokerface: "Ah, die efi, naja ich schau mir das mal an." Heidrun lässt sich auch nichts anmerken und so halte ich die erste efi meines Lebens in Händen.

Heidrun: "Seite 23 musst du lesen. Da könntest du was dafür schreiben." Das mache ich auch ganz folgsam. Die Seite ist ganz nett, wie ich finde, ja dafür kann ich schreiben. Punkt. Ende.

Zu meinem Entsetzen muss ich heute feststellen, dass ich damals tatsächlich nur diese eine einzige Seite 'Feministische Theologie' flüchtig überflogen habe.

So hat es angefangen. Regelmäßig sind dann weitere Anfragen für Artikel gekommen über die ich mich gefreut habe. Erst nachdem ich schon einige Texte geschrieben hatte, habe ich auch angefangen, die efi ganz und gar zu lesen. Stolz wie eine Schneekönigin sah ich meinen Namen gedruckt und begann damit, andere Frauen dazu zu überreden, die efi zu lesen: "Schau mal, da sind interessante Artikel drin (auch einer von mir, aber das sage ich jetzt in löblicher Bescheidenheit nicht, das wirst du dann mit ehrfürchtigem Erschauern schon merken...) vielleicht ist das ja was für dich."

Genial oder nicht?

Dann aber hatte ich einen (ganz wunderbaren) Artikel geschrieben und ihn bei der zuständigen Redakteurin abgeliefert. Postwendend auf meine E-Mail klingelt das Telefon: "Also hör mal, ich hab deinen Artikel gelesen. So kannst du das aber nicht schreiben." Nein? Ich knirsche mit den Zähnen aber ganz leise, so dass es niemand hören kann. Was soll das denn? Gefasst flöte ich in den Hörer: "Ja du, das kann ich natürlich noch einmal überdenken." Weiteres Zuhören meinerseits bei dem mein Kiefer sich immer fester zusammenpresst. "Da fehlt was und das hat nicht genug Tiefe, die Einleitung macht nicht neugierig", sagt meine Redakteurin. Ich schreibe mit, liefere einen (genial) verbesserten und überarbeiteten Vorschlag ab. Wieder klingelt das Telefon. "Also wir haben noch mal über den Artikel gesprochen und meinen du solltest diesen Aspekt vertiefen und untermauern. Lies doch mal was dazu, dann verstehst du vielleicht besser was fehlt."

Mein Blutdruck steigt. Hier wird mein eigener Artikel für doof erklärt und ich dazu; also wirklich! Ich verspreche ein Buch zu lesen. E-Mail - Telefon - neue Überarbeitungsvorschläge, bis mir dann doch mal der Kragen platzt: "Das ist nicht mehr mein Artikel", beschwere ich mich. "So könnt ihr das nicht veröffentlichen. Ich will meine alte Version wiederhaben, die vom Anfang." Darüber soll ich mal schlafen sagt meine Redakteurin, "das wird dann schon." Grummelnd steige ich in mein Bett und grantig wache ich wieder auf. Nie wieder werde ich auch nur einen Satz für diese xxx- Zeitschrift da schreiben, geschweige denn eine Zeile darin lesen schwöre ich mir.

Naja - und heute bin ich nicht nur Autorin sondern auch Redakteurin. (Eine Schelmin, die...)