Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Maria Sybilla Merian - Eine frühe Naturforscherin

Heft 3/2015 Grüne Visionen

Von Leonie Krüger

 

Maria Sybilla Merian wird 1647 in Frankfurt am Main geboren. Sie hat schon als Kind ein ungewöhnliches Hobby: "Ich habe mich von Jugend an mit der Erforschung der Insekten beschäftigt. Zunächst begann ich mit Seidenraupen (…) Danach stellte ich fest, dass sich aus anderen Raupenarten viel schönere Tag- und Eulenfalter entwickelten als aus Seidenraupen. Das veranlasste mich, alle Raupenarten zu sammeln, die ich finden konnte, um ihre Verwandlung zu beobachten."

Die Metamorphose der Schmetterlinge

Das wird Maria Sybilla Merians Lebensthema. Während viele ihrer Zeitgenossen noch glauben, dass Mücken und Raupen aus Schlamm gezeugt seien, ist sie die erste Naturwissenschaftlerin, die erkennt, dass Insekten verschiedene Entwicklungsstadien durchlaufen.

Ihr Interesse an der Naturbeobachtung paart sich mit einer außergewöhnlichen künstlerischen Begabung. Nach dem frühen Tod ihres Vaters kümmert sich ihr Stiefvater, der Blumenmaler Jacob Marrel, um ihre Ausbildung.

1665 heiratet Maria Sibylla Merian den Maler und Kupferstecher Johann Andreas Graff aus Nürnberg. Zwei Töchter gehen aus dieser Ehe hervor. Nach dem Umzug der Familie 1670 nach Nürnberg erweist sie sich als talentierte Geschäftsfrau. Da die Zunftordnung Frauen verbietet, mit Ölfarben auf Leinwand zu malen verlegt sie sich auf den Handel mit Farben und Malzubehör. Mit großem Erfolg: Sie sichert mit ihrem Gewerbe die Haupteinnahmequelle für ihre Familie.

Maria Sybilla Merian unterrichtet junge Frauen in der Kunst der Blumenmalerei. Ihr „Neues Blumenbuch“, ein Musterbuch für stickende Damen, stattet sie mit meisterhaft kolorierten Stichen aus. 1679 und 1683 erscheint ihr zweiteiliges Werk „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“, das ihre Beobachtungen an der Natur zusammenfasst. Es ist von ihr nicht als wissenschaftliches Werk gedacht, sondern soll der Andacht dienen, zu „Gottes Ehre“, wie es im Vorwort heißt.

Auf Reisen

Nach der Trennung von ihrem Ehemann, die gegen dessen Willen stattfindet, zieht Maria Sybilla Merian 1685 mit ihrer Mutter und ihren beiden Töchtern in die Niederlande zu ihrem Stiefbruder. Das Schloss, in dem sie wohnen, gehört den Schwestern des Gouverneurs von Surinam und beherbergt eine Sammlung exotischer Schmetterlinge aus der holländischen Kolonie. Diese Kollektion wird zu einem willkommenen Studienobjekt für die Insektenforscherin.

So fasst Maria Sibylla Merian nach dem Tod der Mutter den kühnen Entschluss, selbst nach Surinam zu reisen, ohne männlichen Schutz, begleitet nur von ihrer jüngeren Tochter. 1699 brechen die beiden Frauen von Amsterdam mit einem Kauffahrteisegler in das heutige Niederländisch-Guayana nach Südamerika auf. Nach wochenlanger strapaziöser Reise erreichen sie ihr Ziel. Sie unternehmen anstrengende Exkursionen in die feucht-heißen Regenwälder Surinams, beobachten, zeichnen und sammeln zwei Jahre lang tropische Insekten. Dann zwingt eine heftige Malariaerkrankung die 54-jährige Maria Sibylla Merian zur Rückkehr.

Diese außergewöhnliche Leistung verschafft der Künstlerin und Naturforscherin schon zu Lebzeiten großen Respekt. 1705 erscheint Maria Sibylla Merians Hauptwerk „Metamorphosis insectorum Surinamensium“ mit 60 handkolorierten Kupfertafeln. Die Bilder von Schmetterlingen, Käfern und Raupen auf den tropischen Pflanzen Surinams sind in ihrer Detailgenauigkeit und Schönheit einzigartig. Sie begründen ihren Ruhm als beste Blumen- und Insektenmalerin ihrer Zeit.

Maria Sybilla Merian verstirbt verarmt im Alter von 69 Jahren 1717 in Amsterdam und gerät bald in Vergessenheit. Erst Ende des 20. Jahrhunderts kommt es zu einer neuen Würdigung: Maria Sybilla Merian wird auf der 500-DM-Banknote sowie 1987 auf einer 40-Pfennig-Briefmarke abgebildet.