Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Ohne Papiere keine Heimat

 

Heft 3/2013 Heimat

Von Juliane Brumberg

 

Wer in Deutschland ein Kind bekommt, muss es innerhalb einer Woche bei den Behörden anmelden. Aber was in Deutschland selbstverständlich ist, gilt noch lange nicht für alle Kinder auf der Welt. Pro Jahr erhalten 51 Millionen Neugeborene keine Geburtsurkunde. Ungefähr die Hälfte aller Mädchen und Jungen in den armen Ländern des Südens ist nicht registriert.

Die Kinder besitzen keinen offiziellen Geburtsnachweis, in Südasien ist es sogar nur jedes dritte Kind. Die Länder mit den niedrigsten Registrierungsraten sind Somalia, Liberia, Äthiopien, Bangladesch, Sambia und Tschad. Nicht registrierte Kinder sind für ihre Regierungen und die Behörden 'unsichtbar'. Geburtenregistrierung ist aber Voraussetzung dafür, dass die Länder Kinderschutzgesetze überhaupt anwenden können.

Deshalb unterstützt Unicef im Rahmen seiner Programme im Bereich Gesundheit und Überleben weltweit die Registrierung von Neugeborenen - durch Aufklärungskampagnen in der Bevölkerung und Schulungen auch für Gesundheitshelfer und Hebammen, durch die Abschaffung von Gebühren und vereinfachte Registrierungsvorgänge, durch lokale Kampagnen mit mobilem Personal (oft gehen diese z.B. mit Impfkampagnen einher), durch Lobbyarbeit auf politischer Ebene, um die Voraussetzungen für einfachere Registrierungsprozesse zu schaffen.

Unicef-Kampagnen vor Ort

Aus Benin berichtet Unicef zum Beispiel, dass 80 Prozent aller Frauen in Gesundheitszentren entbinden und dort ihre Neugeborenen auch innerhalb von zehn Tagen kostenlos anmelden könnten. Aber die Kinder erhalten traditionell erst nach acht Tagen ihren Namen. Dann sind die Mütter in der Regel wieder in ihre Dörfer zurückgekehrt. Nach Ablauf der Frist kostet eine Geburtsurkunde umgerechnet in Benin rund 28 Euro - eine horrende Summe für eine arme Familie.

Ohne ein offizielles Dokument sind häufig der Schulbesuch, die medizinische Versorgung oder soziale Unterstützung gefährdet oder werden ganz verwehrt. Die Möglichkeit zu heiraten, eigenes Land zu besitzen oder zu wählen - diese Bürgerrechte sind fast überall auf der Welt an eine Geburtsurkunde gebunden. Nicht gemeldete Kinder, insbesondere Mädchen, haben also de facto keine Bürgerrechte und sind Ausbeutung und Menschenrechtsverletzungen wehrlos ausgeliefert. Dies betrifft vor allem Kinder aus armen Familien, aus ethnischen Minderheiten oder entlegenen Gebieten.

Unicef setzt sich in Benin wie auch in anderen Ländern für eine unbürokratische Erfassung aller Neugeborenen ein. Freiwillige Helfer in den Dörfern informieren die Familien über die Wichtigkeit der Dokumente. Unicef und seine Partner helfen zudem besonders benachteiligten Kindern, die wichtigen Dokumente zu bekommen, damit sie zur Schule gehen und eine Ausbildung machen können.

Der Norden ist gefordert

Auch die wohlhabenden Länder des Nordens können und müssen die allgemeine Geburtenregistrierung unterstützen. Im Bundestag setzt sich insbesondere die Esslinger SPD-Abgeordnete Karin Roth dafür ein. Auf eine entsprechende Anfrage teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ihr im letzten Jahr mit, dass die Bundesrepublik im Jahr 2011 die Geburtenregistrierungskampagne von Unicef mit rund einer halben Mio Euro unterstützt hat. Für 2012/13 seien weitere 2,8 Mio Euro vorgesehen, konkret für ein Projekt in Burkina Faso. Außerdem seien von 2003 bis 2012 in einem mittlerweile ausgelaufenen Programm Pilotprojekte der indonesischen Regierung mit rund 6,5 Mio Euro gefördert worden. Da neue Projekte zur Zeit nicht vorgesehen sind, hat Karin Roth die Bundesregierung schon im vergangenen Jahr aufgefordert, ihr Engagement zur Geburtenregistrierung durch höhere finanzielle Beiträge zu verstärken.