Predigt, Seelsorge, Gespräch
Heft 3/2010 Donna mobile
Von Maria Börgermann-Kreckl
Menschen bilden die Grundlage der Kirche und sind für die Regionalbischöfin für München und Oberbayern, Susanne Breit-Keßler, die Basis ihrer Arbeit.
Es war ihr nicht in die Wiege gelegt, Regionalbischöfin zu werden, noch dazu als erste Frau in diesem Amt in Bayern. Aber die Theologie fasziniert sie so sehr, dass es ihr stimmig erscheint, Verantwortung in der Kirche - sie ist außerdem die Ständige Vertreterin des Landesbischofs - zu tragen. Sie sei dankbar, dass in ihrer Kirche heute Frauen jedes Amt übernehmen können, meint Susanne Breit-Keßler, denn: "Auch in der Umgebung Jesu waren Frauen wie Susanna oder Johanna - das ist belegt."
Ihre Kindheit verbrachte Susanne Breit-Keßler auf dem Land in Oberaudorf, wo sie in bescheidenen Verhältnissen aufwuchs. Dank der Anregung eines Lehrers und der späteren Unterstützung durch BaföG konnte sie das Gymnasium besuchen und anschließend studieren. Sie sei eine Leseratte gewesen, erinnert sie sich. Sprache und Literatur haben sie so interessiert, dass sie als Studienfach Germanistik wählte und dazu Geschichte, "weil es gut ist, darüber nachzudenken, woher wir kommen und was vor uns war". Während des Studiums schaute sie außerdem in freien Stunden immer mal bei den Theologen hinein. Es faszinierte sie, dass hier "der Glaube untersucht, die Geschichten der Bibel reflektiert und über das Leben der Propheten nachgedacht wurde, dass Glaubensaussagen in Bezug zur Gegenwart gesetzt werden können". Dadurch veränderte sich ihr Leben; sie wechselte ganz zur Theologie und ging danach ins Vikariat.
Die Genesung von einer lebensbedrohlichen Erkrankung löste einen weiteren Schub aus. "Wenn ich doch leben darf, dann beginne ich noch mal etwas Neues"; sie wurde Journalistin. Insgesamt 15 Jahre arbeitete Susanne Breit-Keßler in diesem Bereich, etwa bei der Süddeutschen Zeitung oder dem Bayerischen Rundfunk und später im Landeskirchenamt als Leiterin des Arbeitsbereiches "Publizistik". Schon in dieser Arbeit wurde ihr - das zieht sich wie ein roter Faden durch unser Gespräch - die Achtung eines jeden Lebens wichtig, denn ihren ersten Artikel schrieb sie über die Tagung von "Automatenaufstellerunternehmer".
Wertschätzung der Gemeinden
Im Jahr 2001 wurde sie Regionalbischöfin und inzwischen für weitere zehn Jahre in dieses Amt berufen. Hier ist sie Chefin von 400 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen und es ist ihr wichtig, "möglichst alle zu kennen und "mit dem Namen auch ein Gesicht und einiges mehr zu verbinden". Die Institution sei für sie ein Rahmen, der mit Leben gefüllt werden müsse. Das geht von den Zusammenkünften mit den Dekanen - beim jährlich stattfindenden Konvent sind auch deren Partner und Partnerinnen eingeladen - bis hin zu Visitationen vor Ort. "Ich lasse mich gerne einladen" meint sie und bringt damit ihre Wertschätzung für die Arbeit in den Gemeinden zum Ausdruck. Sie möchte Menschen ermutigen und dazu anregen, über die eigene Geschichte nachzudenken. "Das ist für mich ein biblisches Thema", denn "Ich bin von Gott geschaffen worden. Dieses Geschenk sollten wir würdigen und achtsam reflektierend mit den Fragen umgehen: Wer bin ich? Was hat mich so werden lassen, wie ich bin und wie gehe ich mit dieser Gabe um? Das gibt Sicherheit im Handeln, die ich Jedem und Jeder wünsche".
Im Hinblick auf Frauen liegt ihr am Herzen, sie zu ermuntern, ihre soziale und kommunikative Kompetenz noch mehr einzubringen. Ohne sie auf eine einzige Rolle festschreiben zu wollen, haben Frauen in besonderer Weise - "ob sie nun Mutter sind oder nicht - die Aufgabe, Leben im sehr umfassenden Sinn weiterzugeben und zu behüten". Die Bischöfin selbst tut das auf unterschiedliche Weise, indem sie sich etwa für den Schutz von Kindern vor Gewalt einsetzt und sich, geprägt von ihrer eigenen Erfahrung, für soziale Gerechtigkeit stark macht: "Wir, die wir genug haben, sind verpflichtet, die Menschen zu unterstützen, denen es nicht so gut geht". Deshalb hält sie die Aussagen über Hartz IV-Empfänger des Herrn Westerwelle für perfide und wird nicht müde, das anzuprangern. Eine große Aufgabe für ihre zweite Amtsperiode!