Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Sorge um kostbares Allgemeingut

Heft 2/2016 Weiberwirtschaften

Von Tiziana Beyer

 

2009 war es so weit - das erste Mal wurde der Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften an eine Frau vergeben - an Elinor Ostrom. Die 1933 in Los Angeles geborene Umweltökonomin hatte sich gegen männlichen Widerstand durchgesetzt und der Welt bewiesen, was eine Frau erreichen kann, wenn sie an sich glaubt und sich nicht einschüchtern lässt. Schon während ihres Studiums der Politikwissenschaft gab es Gegenwind, als sie als junge Doktorandin ein Stipendium bekam: Das zuständige Finanzkomitee monierte diese "Verschwendung knapper Ressourcen", da für sie als Frau eine spätere Berufung auf eine Professur unwahrscheinlich sei. Doch Ostrom blieb hartnäckig, studierte weiter, schloss 1965 mit dem Doktortitel ab und wurde später Professorin an der Indiana University in Bloomington.

Von Allgemeingütern und deren Verwendung

"Ressourcen sind frei, sie kennen kein Eigentum und keine Staatsgrenzen". Dieser Satz aus dem Buch "Was mehr wird, wenn wir teilen" aus dem Oekom Verlag bringt das Dilemma auf den Punkt: Allgemeingüter wie Wasser und Wälder gehören allen Menschen, doch sie sind begrenzt und genau hier liegt das Problem. Die Umweltökonomin Elinor Ostrom arbeitete 40 Jahre lang an der Frage, wie gemeinschaftliches Eigentum erfolgreich genutzt, verwaltet und erhalten werden kann. Diese öffentlichen Güter, auch Allmende genannt, sind Güter, von denen niemand ausgeschlossen ist - und bei denen es Rivalitäten zwischen einzelnen Nutzer_innen geben kann. Ein Beispiel: Frau K. angelt einen Fisch aus dem Ozean. Frau S. kann nun nicht den gleichen Fisch angeln, es besteht somit eine Rivalität zwischen den Frauen hinsichtlich der Ressource Fisch. Da es schwer ist, jemanden die Nutzung dieser öffentlichen, aber dennoch begrenzten Naturstoffe zu verbieten, spricht man auch von der "Tragik der Allmende". Da alle Menschen zu Allmende-Gütern Zugang haben, kommt es schnell zur Übernutzung. Kahl gefressene Weideflächen, Überfischung der Ozeane und überdüngte Wiesen sind die Folge. Ein weiteres Problem ist, dass Unternehmen diese Gemeingüter in käufliche Waren verwandeln.

Zukunftsweisende Forschung

Elinor Ostrom hat in ihrer Forschung genau bei dieser Problematik angesetzt. Sie reiste um die Welt, studierte die Situationen vor Ort und erarbeitete Bedingungen, wie die Verteilung von Allmenden gelöst werden kann. Bereits für ihre Doktorarbeit führte Ostrom in den 70er Jahre ihre erste Feldstudie durch. Es ging um die drohende Übernutzung der Grundwasserreserven Los Angeles. Ostrom fand heraus, dass kleine, zu mehreren Zentren gehörende Einheiten, für die Verwaltung von Gemeingütern wie Wasser robuster sind als große, zentrale Verwaltungsstellen. Lokal vernetzte Gemeinschaften schaffen es besser, die Wasserverteilung zu organisieren und individuelle Probleme zu beheben. Außerdem sind die Nutzer_innen zufriedener, da sie gehört werden. Das Gleiche zeigte Ostroms Feldforschung zur Organisation der Polizei in 80 Metropolregionen. Gibt es kleine lokale Polizeistationen, fühlen sich die Bürger sicher, nehmen aktiv teil, melden Auffälligkeiten und fühlen sich wertgeschätzt.

Kein Patentrezept

Für Ostrom war entscheidend, dass Lösungen für den Umgang mit Ressourcen von den Bürgern selbst oder den lokalen Institutionen und nicht vom Staat entwickelt werden. Immer wieder reiste sie selbst an die Orte, die sie untersuchte und behielt die praktische Relevanz ihrer Forschung im Blick.

Insgesamt führte sie in aller Welt über 1 000 Studien zur kollektiven Nutzung knapper Güter durch. Sie machte klar, dass es kein Patentrezept für die Nutzung von Allgemeingütern gibt. Ostroms Arbeit zeigt, dass noch viel Umdenken nötig ist, um lebenswichtige Ressourcen für unsere Zukunft zu sichern. Mit ihrem Tod 2012 entstand eine große Lücke, die es nun von jungen Forscher_innen zu füllen gilt.