Wasser und Geborgenheit
Heft 1/2011 Himmel und Höhle
Seit Wochen ist sie geplant, vorbereitet, mit den Kindern der Familie besprochen und sogar geübt: die Taufe der 4 jährigen Pauline. Aber dann: "NEIN, ich will nicht getauft werden!" hören Pfarrerin und Taufgesellschaft das Kind schreien. Der Großvater will beruhigen: "Aber da passiert doch gar nichts!" Wenn da aber nichts passiert - warum ist dann vielen Menschen die Taufe so wichtig? Warum ist dann die Taufe innerhalb der Lutherdekade im Jahr 2011 zum Jahresthema gewählt worden?
Täuflinge, die als Jugendliche oder Erwachsene getauft werden, bewerten den Sinn der Taufe anders als Eltern von kleinen Kindern oder Säuglingen. Für Jugendliche und Erwachsene geht es in der Regel um die Zugehörigkeit zu Kirche und Gemeinde, um den Ausdruck eines Glaubensbekenntnisses zu Gott.
Taufe als Schutz
Natürlich haben viele Eltern, die ihr kleines Kind zur Taufe bringen, dieselben Gründe dafür. Aber es ist auch die Überzeugung, dass durch die Taufe das Kind unter einen besonderen Schutz gestellt ist. Dazu gehört die Auswahl von Patinnen und Paten, die dem Kind zur Seite stehen sollen, ebenso wie die Vorstellung, dass die Gemeinschaft der Christinnen und Christen in der Kirchengemeinde Rückhalt gibt. Auch die Ehrfurcht vor dem Geheimnis des Lebens ist ein oft geäußerter Grund für den Wunsch der Kindertaufe. Darüber hinaus gibt es noch die etwas diffuse Erwartung hinsichtlich einer übersinnlichen Energie oder nach etwas Höherem, das durch die Taufe initiiert werden soll. Die Verwendung von Wasser drückt nach diesem Verständnis etwas Magisches aus. Das erinnert im umgekehrten Bezug an rituelle Waschungen und die Vorstellungen von kultischer Reinheit, die aus dem Ersten Testament überliefert sind.
Taufe als Neubeginn
Im Zweiten Testament ruft Johannes der Täufer zur Taufe. Diese Taufe ist verbunden mit Bedingungen. Die Gläubigen sollen umkehren, sollen Verfehlungen, Sünden bekennen und bereuen. Die Taufe ist dann als ein Zeichen von Neubeginn, als Zeichen für die Vergebung der Sünden zu verstehen.
Ob Jesus getauft hat, ist nicht sicher zu beweisen. Lediglich im Johannes-Evangelium wird an zwei Stellen davon berichtet. Zuverlässig wissen wir jedoch, dass Jesus von Johannes getauft wurde. In diesem Zusammenhang steht der Zuspruch der Kindschaft durch die Taufe: "Dieses ist mein geliebtes Kind, ihm gehört meine Zuneigung!" (Mt 3,17) Durch die Taufe im Namen des dreieinigen Gottes sind alle hierarchischen Polaritäten und Unterschiede aufgehoben, so hat es Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Galatien geschrieben. Da haben Gegensätze wie "jüdisch und griechisch, männlich und weiblich, versklavt und frei" (Gal 3,28) keine Bedeutung mehr.
Daran anknüpfend kritisieren feministisch-theologische Betrachtungen die von Gewalt geprägten Bilder alter Zeiten: da muss in der Taufe "der alte Adam ersäuft" werden - so beschreibt Martin Luther den der Sünde verhafteten Menschen - , da reinigt die Taufe von der Erbsünde, da wird die getaufte Person der Herrschaft Christi unterstellt.
Taufe mit Segenskraft
Neuere Taufliturgien von feministischen Theologinnen dagegen sprechen von Segenskräften, die dem Täufling zum Leben verhelfen. Sie verwenden dabei Bilder, die an Schwangerschaft und Geburt erinnern. Da ist dann von dem Weg ins Licht die Rede, von Vertrauen und Verheißung. Durch die Taufe ist der Mensch verbunden mit Gott. Die Zusage, als Gottes Kind, als Sohn oder Tochter angenommen zu sein, schenkt Geborgenheit und Nähe. So vermitteln der Taufgottesdienst und die Taufe ein positives Grundgefühl.
Übrigens: Pauline hat sich von einem fröhlichen Gottesdienst umstimmen lassen. Und erst nach der Taufe, als die Tränen getrocknet waren, konnten Pfarrerin und Eltern wirklich verstehen, was sie so aufgebracht hatte! Unter dem Eindruck des gerade vergangenen Urlaubs am Meer hatte sie eigentlich nicht gegen die TAUFE protestiert, sondern dagegen "getaucht" zu werden!