Evangelischer Presseverband für Bayern e.V.

Weltweit gegen Gewalt an Frauen

 

Heft 2/2013 Damenwahl

Von Inge Kleine

 

Waren es wirklich eine Billion Menschen, die sich erhoben haben? Eigentlich egal. Im Englischen steht eine Billion für das, was hierzulande als eine Milliarde gerechnet wird, oder eben einfach für "viele" und es waren viele, sehr viele und überwiegend Frauen, die sich weltweit vernetzt haben. Am 14. Februar 2013 tanzten in über 200 Ländern, in unzähligen Städten und auch in fast jeder Stadt und Kleinstadt Deutschlands jeweils hunderte bis tausende von Frauen gemeinsam: Gegen Gewalt an Frauen.

Die Aktionsform ist genial: Tanz als sehr weibliche Ausdrucksform, persönlich und kreativ, überall verbreitet, absolut gewaltfrei. Eine Aktion der Lebensfreude und Stärke, in der sich Frauen aus allen Kulturen zeigen - und sich gleichzeitig mit allen anderen Frauen verbinden.

In München füllten sie den Stachus (Karlsplatz) aus: Frauen jeden Alters und verschiedenster Herkunft. Sie legten ihre Lebenslust, ihre Individualität und ihre Gefühle in ihre Bewegungen, ob sie wippten, tanzten oder eine Choreographie zeigten, und an diesem Tag ließen sie die Erde zittern.

Kurze Redebeiträge thematisierten den Anlass, das Ausmaß von (Männer-)Gewalt an Frauen. Es waren auch Männer dabei, sie unterstützten, ohne von den Frauen abzulenken oder den Grund dieses Aktionstages zu verwässern. Dafür gebührt ihnen Dank, ebenso wie den vielen Frauen, die Videoclips produzierten, abendelang im Netz saßen um die Aktion zu verbreiten, sich um die Organisation kümmerten, die als Tanzlehrerinnen umsonst die Schritte zeigten, ihre Tanzstudios zur Verfügung stellten, Frauen, die übten, redeten, halfen.

Die Vernetzung

Im August 2012 hatte Eve Ensler, Feministin und Autorin der Vagina Monologe, in Nairobi bei einem Frauenkongress zu "One Billion Rising" aufgerufen. Bereits seit 14 Jahren in der von ihr gegründeten internationalen Organisation V-day aktiv, bezog sie sich auf UN-Zahlen und tat dies mit einem eindringlichen Text:

"V-day weigert sich zuzusehen, wie weltweit mehr als eine Milliarde Frauen Gewalt erleben. (...) Wir bitten EINE MILLIARDE Frauen und diejenigen, die sie lieben, herauszugehen, zu tanzen, sich zu erheben und ein Ende dieser Gewalt zu fordern."

Von onebillionrising.org, onebillionrising.de und onebillionrisingosnabrueck.wordpress,com kamen die Logos, die Erläuterungen, das Lied "Break the Chain" und mehr. Auf Facebook teilten Frauen Videos und Informationen, sie gründeten Gruppen zur Vernetzung vor Ort. Frauenkooperative, Notrufe, autonome und halbautonome Initiativen verbreiteten One Billion Rising (OBR) auf ihren Seiten und auf You-Tube. Weltweit zeigen Videos Frauen in Neu-Dehli, in Brüssel, in Sydney, in Lima, in Kinshasa, in Manila, aber auch in Altersheimen - Frauen, die die Anleitung sitzend übernehmen.

Die Aktion blieb trotzdem dezentral mit allem, was das bedeutet - Ideen, Kreativität, aber auch Unübersichtlichkeit; Gegebenheiten einer neuen Aktionsform, an die wir uns noch gewöhnen. So gab es Impulse über weite Strecken hinweg und Chaos vor Ort, wenn sich in letzter Minute Frauen einbrachten, absolut eine Bereicherung, aber Stress für diejenigen, die für die Veranstaltung in der Verantwortung standen. (Dank an das KVR und das Kulturreferat in München für die Beratung, und vor allem an die Gleichstellungsstelle für Frauen, die großzügig finanziell half!)

Die Zukunft

OBR 2013 beendet sicher nicht die Gewalt an Frauen. Und doch ist es ein Riesenerfolg. Die Stimmung der Frauen und ihre Rückmeldungen am Tag der Aktion waren so bewegt wie begeistert, zu sehen auf unzähligen Videos im Netz.

Sie wollen weitermachen, immer wieder als Tanz- und Flashmobs da sein, ihre Anschlusstreffen sind schon geplant. OBR brachte Freundschaften und Vernetzungen lokal und global: Eine Chance auf eine freundliche gemeinsame Kultur des Mutes von Frauen und ihrer Anerkennung als freie und gleiche Menschen.

Inge Kleine war Mitorganisatorin von One billion Rising in München.